Gekündigt, weil sie nicht genderte: Arbeitgeber spricht von „moralischer Verpflichtung“

Kaum zu glauben, aber wahr: Gendern ist in Deutschland keine Pflicht. Bis heute gibt es keine gesetzliche Grundlage, die die Verwendung der „geschlechtergerechten Sprache“ vorschreibt. Eine bundesweit einheitliche Regelung, wie und wann gegendert werden soll, gibt es auch nicht. Zudem lehnt die große Mehrheit der Deutschen das Gendern ab, insbesondere in der Verwaltung, in Schulen und Universitäten.
Trotzdem gehört die Gendersprache längst zur gängigen Praxis und kann zu einer Pflicht werden, die es aus juristischer Sicht gar nicht geben dürfte. Auf der Website „Stoppt Gendern“ können Menschen, die solche Konsequenzen der „Genderschikane“ zu spüren bekommen, ihre Erfahrungen melden. Ein Vater berichtet vom Genderunterricht in einer Grundschule. Eine junge Frau soll gekündigt worden sein, weil sie nicht genderte.
Whistleblower-Plattform soll den „Kulturkampf“ dokumentieren„Ganz entgegen der Behauptung von Politikern, das Gendern sei freiwillig oder würde lediglich empfohlen, wird es auf allen gesellschaftlichen Ebenen massiv vorangetrieben“, heißt es auf der Website „Stoppt Gendern“. Sabine Mertens, Gründerin und Betreiberin der Plattform, verfolgt das Ziel, die „schweigende Mehrheit“ gegen eine lautstarke „Gender-Minderheit“ zu mobilisieren. Und das nicht erst seit gestern.
Sabine Mertens, Kunsthistorikerin und Vorstandsmitglied im Verein Deutsche Sprache e. V., startete vor über zwei Jahren die Volksinitiative „Schluss mit Gendern in Verwaltung und Bildung Hamburg“. Im Gespräch mit der Berliner Zeitung sagt Mertens, dass „der Funke bald auf andere Bundesländer“ übersprang, sodass eine unabhängige Info-Plattform für alle Volksinitiativen erstellt wurde.
Auch wenn bislang keine der Volksinitiativen erfolgreich war und „zur Restitution der Standardsprache geführt hat“, wächst die Gruppe derer, die sich gegen den „Kulturkampf“ der „Genderlobby“ wehren wollen. Außerdem sei es wichtig, die Fälle, in denen Menschen zum Gendern genötigt werden, zu dokumentieren: „Dafür haben wir eigens die Whistleblower-Plattform aufgesetzt.“
Für Sabine Mertens steht fest, dass es sich um einen „Kulturkampf handelt, der der Mehrheit aufgezwungen wird.“ Am Ende des Jahres will Mertens eine Art Schwarzbuch herausgeben, in dem signifikante Fälle öffentlich gemacht und gesamtgesellschaftlich eingeordnet werden. Zwei Fälle, die gemeldet und von Mertens’ Team sorgfältig geprüft wurden, hat „Stoppt Gendern“ bereits öffentlich gemacht.

„Der Vater eines 8-jährigen Grundschuljungen hat ein Arbeitsblatt gemeldet“, erzählt Mertens. Darin sollte der Junge üben, wie „man richtig gendert“. Falsch gegenderte Wörter musste der Grundschüler korrigieren. „Man denkt, das ist doch ein schlechter Scherz, aber das ist die Realität, und die ist absurd“, fügt Sabine Mertens hinzu. In den vergangenen Jahren habe sie festgestellt, dass in puncto Gendern ein „Klima der Angst herrscht, gerade im Arbeitsbereich.“
Viele Menschen fügen sich dem gesellschaftlichen Druck aus Sorge vor Konsequenzen. Was passieren kann, wenn man sich diesem Druck widersetzt, soll der Fall von Bernadette B. zeigen, der „Stoppt Gendern“ gemeldet wurde. Der jungen Frau soll ein gegenderter Arbeitsvertrag für die Stelle einer pädagogischen Fachkraft in einer Einrichtung der Lebenshilfe vorgelegt worden sein. B. strich die Genderform heraus und schickte den Vertrag zurück.
„Diese Leute, die so etwas machen, sichern sich natürlich auch ab“Laut eigener Aussage trat Bernadette B. ihre neue Arbeitsstelle an und erhielt nach einer Woche einen Anruf von der Personalabteilung. „Man erklärte ihr, Gendersprache sei zwar ‚nicht gesetzlich geregelt‘, es bestehe aber eine ‚moralische Verpflichtung‘ zum Gendern“, heißt es in der zugehörigen Pressemitteilung zum Fall. Nach dem Telefonat soll B. schriftlich nachgefragt haben, ob sie mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen habe. Der Arbeitgeber verneinte. Wenige Tage später wurde B. gekündigt.
Der Fall wurde geprüft, die entsprechenden Mails liegen Sabine Mertens vor. Trotzdem wird Bernadette B. nicht juristisch gegen ihre Kündigung vorgehen, obwohl es sich „dabei ganz klar um eine Diskriminierung handelt“. Warum? „Diese Leute, die so etwas machen, sichern sich natürlich auch ab“, sagt Mertens. Es sei nicht klar, ob die Klägerin vor Gericht Recht bekommt.
Ein Risiko, das Bernadette B. nicht eingehen wird. Sie hat bereits einen neuen Job: „Nach der Veröffentlichung des Falls von Bernadette B. hat sich tatsächlich ein Unternehmen mit einem Jobangebot bei uns gemeldet. Das finden wir ganz toll, und so etwas ist uns viel lieber als eine Klage, die scheitern kann.“
Handelt es sich bei B. um einen Einzelfall? Sabine Mertens verneint. Ihrer Meinung nach trauen sich die meisten nicht, etwas zu sagen: „Viele Leute haben Angst und brauchen ihren Job, es geht ja um die eigene Existenz, die auf dem Spiel steht.“ Vor einiger Zeit hat Mertens auf einer Unternehmensveranstaltung einen Vortrag gehalten. Dort, so erzählt sie, haben einige Mitarbeiter berichtet, dass „ein enormer Druck aufgebaut wird“. Eine Genderpflicht existiert nicht, dennoch sind alle Mitarbeiter zum Gendern angehalten, obwohl „viele das gar nicht wollen“.
Grünen-Politiker spricht von „undemokratischen“ VorgängenDie gesellschaftliche Wandlung, weg vom generischen Maskulinum und hin zur gendergerechten Sprache, hat sich jahrelang im Stillen zugetragen, meint Mertens. Langsam wurde die „Gender-Weltanschauung in die Institutionen getragen“. An die Gendersterne, -punkte und -striche wird sie sich nie gewöhnen, sagt sie. Auch ein Grund, warum sie nicht aufgeben wird. Und das, obwohl ihr und ihren Mitstreitern von Anfang an Hass entgegenschlägt.
Mal ist es die Antifa, die eine Aktion stört, sagt sie. Dann ein grüner Politiker, der auf einer Veranstaltung der Anti-Gender-Volksinitiative Niedersachsen auftauchte und von einem „undemokratischen“ Vorgang spricht. Mertens dazu: „Da fragt man sich doch wirklich, wo wir hier eigentlich sind. Was gibt es denn bitte Schöneres und Demokratischeres als eine Volksinitiative?“
Aber ist das Melden von vermeintlicher Genderausgrenzung der richtige Weg? Laut Mertens gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine andere Möglichkeit. Die Verfechter der Gendersprache würden abweichende Meinungen nicht akzeptieren. Aus diesem Grund sei es wichtig, den Leuten „Mut zu machen“ und die eigene Stimme zu erheben. Das sei wichtiger denn je: „Es ist nicht mehr fünf vor zwölf, das kann man ja gar nicht mehr sagen. Wenn das Gendern schon im Kindergarten vermittelt wird, dann ist es schon nach zwölf – und zwar weit nach zwölf.“
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